GUTE FRAGE. DUMME FRAGE. KEINE FRAGE.

Fragen ist für uns meist mit dem Zustand der Unkenntnis, ja sogar Hilflosigkeit verbunden. Wer kennt das nicht: Wir fragen einen netten Mitmenschen verzweifelt nach dem Weg und versuchen uns in unserem löchrigen Gehirn Abzweigungen, markante Merkmale („Da ist an der Ecke ein Buchladen“) und rechts links zu merken ohne die geringste Hoffnung, tatsächlich pünktlich anzukommen. Oder der Herr am Servicetelefon versucht unser Computerproblem mit Fachbegriffen zu lösen, deren Bedeutung uns noch rätselhafter als das vorliegende Problem ist. Da beherzt zu fragen, erfordert Mut und Selbstbewusstsein. Wissen wir doch, dass unsere Ahnungslosigkeit und unser Desinteresse diesen Dingen gegenüber alles andere als zeitgemäß ist. Kein Wunder also, dass wir nun andererseits im Zustand der Überlegenheit lieber Anweisungen geben als zu fragen. Da können wir einmal sagen, wo es – im wahrsten Sinne des Wortes – langgeht. Blöd nur, dass die Angewiesenen einfach nicht begreifen wollen, dass der vorgeschriebene Weg der beste ist!

Das ist dann der Klassiker im Coaching. Wie bringe ich meinen Mitarbeiter dazu, dass er seine ganze Kraft und Leidenschaft zum Erreichen des Zieles einbringt?

Meine erste Frage lautet dann meistens: Haben Sie Ihren Mitarbeiter mal gefragt? Staunen – Kopfschütteln – Nachdenken, dann die Antwort: Nein, ich muss doch die Vorgaben machen!

Das stimmt natürlich schon. Zumindest muss der Vorgesetzte die Ziele vorgeben. Wie man die erreicht, wissen die Mitarbeiter selbst manchmal sogar besser. Schließlich sind sie die Spezialisten in ihrem Fach. Diesen Schatz gilt es zu heben. Also fragen Sie doch einfach mal, welche Ideen Ihre Mitarbeiter haben und vor allem, wie sie sich ganz persönlich zum Erreichen des Zieles einsetzen wollen.

Das hat mehrere Vorteile. Sie bekommen 50% mehr Lösungsideen. Sie tragen nicht allein die Last, die beste Lösung zu finden. Und sie geben ihren Mitarbeitern das Gefühl, gebraucht zu werden. Das wirkt oft Wunder. Eigene Ideen setzen wir mit besonderem Ehrgeiz um. Wer will schon, dass der eigene Vorschlag scheitert? Und geht etwas schief, werden nicht sofort die anderen verantwortlich gemacht.

Wer fragt, ist nicht dumm. Wer fragt, erhält Antworten.

Anke Engelhard